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Ansatz
Georgen In
der Projektentwicklung zu boost_Verstärktes Hören hatte ich zunächst den Ort
selbst als Klangquelle analysiert. Der Ort mit seiner spezifischen Lautsphäre
lenkte meine Aufmerksamkeit auf Beobachtungen über Distanz und Dynamik von
Klängen. Die Fern- und Nahwirkung von (Klang-) Ereignissen geschah in
Abhängigkeit des funktionalen und sozialen Gebrauchs der Architektur. Das
Stadthaus Ostfildern (Architekt: Jürgen Mayer H., Berlin) bildet eine
mehrgeschossige Architektur, die sich um ein offenes Treppenhaus entwickelt.
Über Flure, die teils fenster- und galerieartige Ausblicke zum Treppenhaus
gewähren, gelangt der Besucher zu den angeschlossenen Räumen städtischer Ämter
und Einrichtungen. Hermetik und Offenheit charakterisieren die Architektur aus
Beton, Glas und Aluminium. Als ich mich zu unterschiedlichen Tageszeiten vor
Ort aufhielt, öffneten und schlossen sich Türen, kurzes Stimmengemurmel,
Herein- und Heraustreten, Schritte, die näherkamen und wieder verhallten,
bildeten die Grundgeräusche des Ortes während ansonsten weitgehend Stille
herrschte. Alle diese Geräusche sind von dynamischem Charakter. Sie schwellen
an, sie verklingen und bilden Formen von Spiegelbildlichkeit. Meine
Aufzeichnungen dieser Lautsphäre bildeten an jenem Punkt eine dokumentarische
Analyse dieser gegenständlichen Klänge. Um im weiteren Arbeitsprozess der
digitalen Klangbearbeitung dieser Gegenständlichkeit auszuweichen, um Struktur
und Eigenqualität der Klänge deutlicher werden zu lassen, bediente ich mich
kompositorisch dem Mittel der Umkehrung und Wiederholung. Das narrativ
Abbildhafte wich zunehmend einem strukturellen Beziehungsgefüge von Klang als
zeitlichem Verhältnis von Dynamik, Intensität und Leere. Als Thema führt es
zurück zu den Formen des alltäglichen Gebrauchs der Architektur des Stadthauses
– eben derjenigen Lautsphäre, die diesen Ort kulturell umschreibt. Der Ort des
Ausgangs-materials und der späteren Rezeption bildeten einen sich schließenden
Kreis. K.G.
Ansatz
App
Mein
Interesse galt der Architektur als Resonanzkörper, die Räumlichkeiten wurden
mit speziell ausgeformten Klängen erkundet. Die Wirksamkeit wurde in mehreren
Probesituationen verifiziert. Das unterschiedliche Ausbreitungsverhalten von
Zirpgeräuschen, dumpfen Klängen und rhythmischen Gebilden konnte
ständig wechselnde Beziehungen der einzelnen Raumteile zueinander erzeugen.Durchaus
verwandte Geräusche treten im alltäglichen Gebrauch des Gebäudes auf, sie sind
dabei für die Orientierung im Gebäude hilfreich. Durch die Isolation und
Konzentration der speziellen Klänge entstehen sozusagen akustische
Leitstrahlen, die die Besucher durch die Architektur führen. Hierbei sind die
Eigenheiten des Stadthauses Ostfildern zu erkennen – die ständig neuen
Konstellationen des schrägenwandigen Treppenhaustraktes, die Beziehungen der
Gänge zueinander und die sich aus den Gängen weitenden Stellen der Warte- und
Ruhebereiche.Mit sporadisch zu hörenden Durchsagen in verschiedenen Sprachen von der obersten
Gebäudeebene aus, die nach einem Zufallsmodus gesteuert werden, wird eine
Reminiszenz an eine Öffentlichkeit provoziert. - an Verbindendes wie Bahnhöfe und Flughäfen,
aber auch an Fremdheit und Sprachlosigkeit. K.A.
Synthese
An diesem Abend bildet das Stadthaus Ostfildern über verschiedene Etagen ein
akustisches Feld unterschiedlicher Klangeinspielungen.Kurt App und Kristof Georgen – seit
vielen Jahren gemeinsam im Bereich ortsbezogener Klangarbeiten tätig – stellen
auch für das Stadthaus Ostfildern eine eigens komponierte Struktur
rechnergenerierter und dokumentarischer Klänge in Anlehnung an den
architektonischen Raum vor.Hierbei
bilden die alltägliche Lautsphäre des Stadthauses, seine spezifische Nutzung
und Architektur sowie unsere gewohnheitsmäßige Hörwahrnehmung von Musik und
Alltagsgeräusch Aspekte der Klangarbeit.
Als dreistündige ausschließlich für diesen Abend angelegte Arbeit gliedert sich
diese in mehrere kompositorische Abschnitte: installative Elemente mit
festgelegten Klangmaterialien wechseln und überlagern sich mit konzertanten,
live eingespielten Klängen.Die Aufführung war aus 9 festgelegten Sequenzen
komponiert, sie setzte sich zusammen aus fünf in Echtzeit gespielten Teilen im
Foyer und den sich ändernden Klängen in den Gängen. Während 3 Stunden bewegte
sich die Konzentration vom Zentrum bis die Peripherie und wieder zurück zum
Zentrum. Dieses Thema kehrte 5-mal wieder.
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